31 Januar, 2018

Akkordeonfestival 2018

Führt man sich vor Augen, dass das Akkordeonfestival heuer bereits zum 19. Mal (!) stattfindet, so manifestiert diese Tatsache auch das eigene Älterwerden. Trotzdem: dieses einzigartige Festival wird seit Jahr und Tag frisch und mutig von Friedl Preisl programmiert und so darf man sich auch heuer wieder auf wunderbare Wochen freuen. Offiziell startet das Akkordeonfestival am 24. Februar – inzwischen haben aber sowohl Preview-Veranstaltungen wie auch ein Ausfransen am Festivalende Tradition.



Los geht es somit schon am 18. Februar mit einem Konzert von Daniel Kahn im Vindobona: Daniel Kahn stammt ursprünglich aus Detroit. Inzwischen in Berlin lebend, war er mit seinem „Verfremdungs-Klezmer“ bereits in früheren Jahren beim Akkordeonfestival zu Gast. Heuer kehrt er mit seiner reaktivierten Band The Painted Bird und neuem Album „The Butcher´s Share“ nach Wien zurück.

Forro-Band aus Italien

Ein weiteres Programmhighlight: Forró Miór (1.3. Sargfabrik) aus Italien beschäftigen sich mit dem brasilianischen Tanz- und Musikstil Forro. Die Band gibt sich dabei aber nicht puristisch, sondern verwendet auch Querverweise zu anderen lateinamerikanischen Musikrichtungen: etwa Cumbia, Milonga, Swing, Samba und Latin-Jazz.

Filmmatinee mit Live-Musik

Nicht versäumen sollten man den finnischen Akkordeonisten Antti Paalanen – er belegt, dass im Rahmen des Akkordeonfestivals immer wieder neue MusikerInnen zu entdecken sind. Auch dafür steht das Festivals seit seiner Gründung: Paalanen nennt sein Akkordeon „Breathbox“ und diesem Instrument entlockt er eine erstaunliche, experimentelle und wagemutige Musik, hypnotisch und genüsslich mit Genres jonglierend. Paalanen ist ein Fan von AC/DC und versucht live ähnlich energetisch zu agieren – überprüfbar am 8. März 2018 in der Sargfabrik.
Auch Stummfilme wird es wieder geben, am 25. März 2018 wird Tino Klissenbauer im Filmcasino live zum Buster Keaton-Klassiker „The Cameraman“: Keatons erster Film für MGM, ein spätes Stummfilm-Meisterwerk. Einmal mehr steht hier das Medium selbst im Mittelpunkt. Keaton als Reporter mit der Kamera, der in einen Bandenkrieg in Chinatown gerät. Weitere Programm-Highlights: Iva Nova (siehe Bild) aus Rumänien am 14. März im Vindobona, Otto Lechner & Sväng am 11. März im Akzent Theater und Dobrek Bistro am 5. März im Orpheum. Insgesamt gilt: heuer kann man die ersten 19 Jahre Akkordeonfestival feiern und sich schon auf das 20-Jahres-Jubiläum im nächsten Jahr vorbereiten! (jpl)

24.2. - 25.3.2018: >> www.akkordeonfestival.at

21 Januar, 2018

Juan Reinaldo Sánchez: Das verborgene Leben des Fidel Castro

Ein brisantes Buch. Juan Reinaldo Sánchez war 17 Jahre lang Leibwächter von Fidel Castro, seine Lebensgeschichte hat er in diesem Bericht festgehalten. Es ist eine Geschichte von Aufstieg und Fall: auf eine Karriere im Staatsdienst, in deren Rahmen Sánchez an vorderster Front Fidel Castros Leben beschützt und sein eigenes dabei riskiert hat, folgt der Fall. Als Juan Reinaldo Sánchez sein Gesuch auf Rente einreicht, wird er vor ein Militärgericht gestellt und für zwei Jahre in ein mit Kakerlaken und Krankheiten verseuchtes Gefängnis in der Nähe von Havanna gesteckt – Folter inklusive. Doch man kann den nun ehemaligen Geheimdienstler nicht brechen, er kommt nach 2 Jahren frei und schafft im zehnten Versuch die Flucht nach Florida.

Luxusleben des Diktators

Im Buch erzählt er detailliert von seiner Arbeit und seiner Karriere, aber ebenso genau vom luxuriösen Leben des kubanischen Diktators. Castro verfügt über mehrere Jachten, eine Privatinsel, mehrere Anwesen in verschiedenen Provinzen Kubas, kurzum: er regiert Kuba so ähnlich wie ein Großgrundbesitzer seine riesige Finca regieren würde. So ergibt sich insgesamt ein zwiespältiges Bild von Fidel Castro: denn während er einerseits das Zünglein in der Waage in der Weltpolitik spielt und sich in Kriege wie in Angola und Nicaragua einmischt, um die kubanische Revolution schließlich doch in die ganze Welt zu tragen, leidet seine Bevölkerung unter der Mangelwirtschaft und unter flächendeckender Bespitzelung. Während die KubanerInnen nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion im wahrsten Sinne den Gürtel enger schnallen müssen, gibt Castro allein für einen 5 Tage dauernden Staatsbesuch in Simbabwe 2 Millionen Dollars aus: der Leibwächter, wird mit einem Koffer voll Bargeld voraus geschickt, um Häuser und Autos für den Staatsbesuch zu kaufen.

Sánchez erzählt wie in Ungnade gefallene MitarbeiterInnen des Regimes von Castro eiskalt fallen gelassen werden. Auch ein hoch dekorierter General wird etwa des Drogenhandels bezichtigt und hingerichtet – ein Drogenhandel, der freilich unter Billigung und somit Mitwirkung des kubanischen Regimes von Südamerika über Kuba in die Vereinigten Staaten gelaufen ist. All das erzählt der ehemalige Leibwächter aus erster Hand, sein Bericht wirkt authentisch, zahlreiche Fotos zeigen ihn und Castro bei Staatsbesuchen. Eine Google-Earth-Abbildung von Castros Privatinsel ist ebenso inkludiert.

Militär kontrolliert staatliche Tourismusbetriebe

Ein Buch, das man lesen könnte, bevor man zum Pauschalurlaub in den kubanischen Ort Varadero aufbricht, denn auch dieser sollte zwiespältig gesehen werden: die Strände dort sind zwar wunderschön und die TouristInnen werden mit allem versorgt, was sie brauchen. Doch nur wenige Kilometer entfernt leidet die Bevölkerung auch heute zum Teil an Hunger und wer als PauschaltouristIn kommt, unterstützt letztlich das Regime – denn die staatlichen Tourismusbetriebe, etwa Gaviota, sind der Armee unterstellt. Wohin Gaviotas Gewinne fließen, ist also klar. Der Autor macht mit seinem Buch klar: Fidel Castro hat mit seiner Revolution bestimmt eine positive Wende gewollt. Wie so viele Revolutionäre ist er aber auch mit seiner Revolution gescheitert – über die Revolution möge die Geschichte urteilen, hat Castro einst gesagt. Juan Reinaldo Sánchez erzählt in seinem interessanten Buch einen Teil dieser Geschichte. (jpl)

Juan Reinaldo Sánchez: Das verborgene Leben des Fidel Castro. (Bastei Lübbe: 2015)
>> www.luebbe.de

09 Januar, 2018

Hot News 1/2018

Mit hochkarätigen Veröffentlichungen starten wir ins neue Jahr: Im alten Jahr 2017 hat Son Of The Velvet Rat die CD "Dorado" veröffentlicht, die von diesem Mann produziert worden ist: Joe Henry. Der legt nun selbst ein neues Album vor und "Thrum" ist zum Meisterwerk geraten: Die grundsätzliche Stimmung ist an Folk und Americana ausgerichtet. Hier sitzt jeder Ton, mit jedem weiteren Durchlauf entdeckt man neue Zwischentöne, einen Song herauszuheben fällt schwer, ist das Album doch wie aus einem Guss und schlicht als Gesamtwerk zu genießen. Mit anderen Worten - Album des Monats.


Eine Debüt-CD, die sich beim genaueren Hinhören auch ein wenig als Best-Of-CD wahrnehmen lässt: Hirsch Fisch, das sind Norbert Trummer und Klaus Tschabitzer, die schon in den 1990er-Jahren miteinander Musik gemacht haben - damals nannte man sich im Verbund mit Paul Pfaffenbichler und Dieter Preisl "Scheffenbichler". Und von eben dieser Band sind auch drei Stücke auf dieser neuen CD enthalten: "Des eiskoite Wossa" und "Insekten". Neue Titel wie "Paddelboot", "Die oite Toschn" und "Herr Melancholie" können da mithalten - Hirsch Fisch haben ein sympathisches Debüt-Werk abgeliefert.


Mônica Vasconcelos legt mit „The São Paulo Tapes“ ein überzeugendes Album vor: die Sängerin aus Brasilien swingt gekonnt zwischen Tradition und Jazz und legt ihre schöne, klare Stimme über diese historischen Lieder. Denn wie der Untertitel der CD – Brazilian Resistance Songs – andeutet, stammen die 12 Stücke aus der Zeit der Militärdiktatur, die ab 1964 Brasilien 21 Jahre lang beherrscht und freie Meinungsäußerung unterdrückt hat. Für MusikerInnen galt es damals Kritik zwischen den Zeilen auszudrücken. So kann Vasconcelos aus einem reichen Repertoire schöpfen und interpretiert hier u.a. Lieder von Chico Buarque und Gonzaguinha. Aufgenommen wurde in São Paulo, der Heimatstadt der Sängerin und in London, wo sie inzwischen lebt. Und so passt es, dass auf dem von Robert Wyatt produzierten Album auch Caetano Velosos „London, London“ vertreten ist, das Veloso nach seinem Gefängnisaufenthalt im Exil in England geschrieben hat.

"Der perfekte Moment wird heut verpennt" - diese Ansage für einen gemütlichen Start ins neue Jahr kommt von Max Raabe. Der hat wieder ein kongeniales Team um sich versammelt und 12 feine Lieder gedrechselt. Dieses Mal sind neben Annette Humpe (ja, früher auch bei DÖF) auch die Kollegen von Rosenstolz dabei. Raabe ist charmant, feinsinnig und humorvoll wie immer und so muss man auch dieses Album einfach mögen. Im Laufe des Jahres ist Raabe auch live in Österreich zu sehen. (jpl)




Joe Henry: "Thrum" (9/10)
Hirsch Fisch: "s/t" (8/10)
Max Raabe: "Der perfekte Moment wird heut verpennt" (9/10)
Mônica Vasconcelos: "The São Paulo Tapes. Brazilian Resistance Songs" (8/10)

Live:

Do 11.1.2018: Thomas Andreas Beck, Erlangen (D), Kulturzentrum E-Werk, Fuchsenwiese 1
Fr 12.1.2018: Thomas Andreas Beck, Theaterclub Heppel + Ettlich, Feilitzschstr. 12, München (D)
Fr 12.1.2018: W.i.t.c.h., Local, 20-Jahresfest, 1190 Wien, 20h
Fr 12.1.2018: Anne Dromeda, Blinded by stardust, 7stern, 1070 Wien, 20h
Mi 17.1.2018: Erstes Wiener Heimorgelorchester, CD-Präsentation "Die Letten werden die Esten sein", Tag, Gumpendorferstr. 67, #Esterhazyg., 1060 Wien, 20h, Kartenvorverkauf: HIER
Do 18.1.2018: Katrin Navessi, Cafe Quentin, Kaiserstr. 96, 1070 Wien, 20h
Fr 19.1.2018: Leo Taschner, Eva D´s Wohnzimmer @ 7stern (Wien)
Do 25.1.2018: Gisbert zu Knyphausen, WUK, Währinger Str. 59, 1090 Wien
Fr 26.1.2018: Harlequin's Glance, Kultur im Kotter, Kaiser Franz Josef-Straße 2 Groß-Enzersdorf, AT 2301, 20h
Sa 27.1.2018: Novi Sad, Bach, Bachgasse 21, 1160 Wien, 20h, gemeinsam mit Fairway
Sa 03.2.2018: Erstes Wiener Heimorgelorchester, "Die Letten werden die Esten sein", Forum Stadtpark, Stadtpark 1, 8010 Graz, 20h
So 04.2.2018: Christian Masser, 20.30 Uhr, mit "The Mysterious Bluesmen", Thomawirt, Leonardstr. 40, Graz
Fr 16.2.2018: Katie Kern, Heureka, Skodagasse 17, 1080 Wien, 20h