21 Dezember, 2010

Gordon Haskell: "One Day Soon" (Care Music Group/Edel)

The Old Man And The Sea, fällt einem beim Cover von Gordon Haskells neuer CD ein: Es zeigt ihn als älteren Mann, der heute auf einer griechischen Insel lebt. Ins Wasser blickend. Idylle, könnte man sagen. Hört man auf die Musik dieses Mannes, der seit mehr als 40 Jahren aktiv ist, so besticht zuallererst die ruhige Stimme und die Unaufgeregtheit, mit der die Songs daher kommen. Der ehemalige Bassist von Cliff Richard hat einen beachtlichen Jazz-Anteil in sein Songwriting gepackt, sodass man an jeder Ecke aufs Neue durch die musikalische Bandbreite überrascht wird. Haskell selbst meint, dass "One Day Soon" sein bisher bestes Album ist - dem kann man nur zustimmen. (jpl)

08 November, 2010

Interpenetration 2010 in Graz

Von 15. bis 17. Dezember 2010 findet in der Postgarage in Graz das Interpenetration-Musikfestival statt – unter dem Motto "Faulheit und Langeweile" erwarten die BesucherInnen musikalische wie kulinarische Köstlichkeiten: Von Fidibus bis Reni Hofmüller und den chmafu allstars.

Das Programm kann sich wie jedes Jahr sehen lassen: Am 15. Dezember geht es los mit einer Kochperformance von Irina Karamarkovic – das Publikum wird solange kulinarisch versorgt, solange der Vorrat reicht. Musikalisch wird mit der Grazer Allround-Künstlerin Reni Hofmüller eröffnet, sie spielt gemeinsam mit Christoph Neugebauer am so genannten Reniphon, einem elektronischen Musikinstrument, das extra für die Soundkünstlerin Hofmüller entwickelt worden ist und von dem es weltweit nur zwei Exemplare gibt: Es handelt sich dabei um einen umgebauten AF Generator.
Das seit 2007 bestehende Duo Susanna Gartmayer und Clayton Thomas setzt den Abend fort, danach loten Franz Hautzinger und Matthias Loibner unter dem Bandnamen Fidibus ihre eigenen Klangwelten aus. An allen weiteren Festivaltagen legt auch jeweils Karamarkovic kulinarisch vor, weiters treten auf: Carver, John Fanning, Christoph Ogiermann und die chmafu allstars. Ach, ja: Das gesamte Festival hindurch wird bei freiem Eintritt Kuchen von Ursula Karner serviert: Auf dass das Interpenetration-Festival nicht nur den Ohren schmecken möge! (jpl)

Interpenetration: The Festival: "Faulheit und Langeweile" (15.-17.12.2010)
Beginn jeweils: 20h, Eintritt frei!
Postgarage, Dreihackengasse 42, 8020 Graz

Links:
>> www.postgarage.at
>> Interpenetration 2010

04 November, 2010

Tibor Barkoczy: "Behind The Door" (Pate/Edel)

Der ungarische Jazz-Pianist Tibor Barkoczy mit einem Solo-Album: Flüssig quillt die Mischung aus Jazz, Nu-Roma und allerhand anderen Einflüssen aus den Boxen - Soul und Funk sind ebenso als Referenzpunkte für Barkoczys Kompositionen zu nennen. Dennoch gibt es Alben, die auf dem Stapel der zu rezensierenden Neuerscheinungen immer wieder nach oben gespült werden und somit länger liegen bleiben als notwendig - so ist es auch im Fall von Barkoczys CD - das liegt in diesem Fall nicht an der Qualität des Werkes, sondern schlicht an der Fülle an neuen Veröffentlichungen. So sei diese mit viel Liebe zum Detail und Raffinesse produzierte CD mit etwas Verspätung empfohlen - die Zeitlosigkeit des Werkes relativiert diese ohnehin. (jpl)

16 Oktober, 2010

Culture Serial Killers: "Better Living" / King's Tonic: "Rock Monarchy"

Culture Serial Killers: "Better Living" (Believe Digital) King's Tonic: "Rock Monarchy / Monarchie des Rock" (MMS/Supermusic/Alive) Raffiniert ist die musikalische Ladung, die Culture Serial Killers abschießen: Der Produzent Glenn Mills und die Sängerin Chiva Legal mischen Elektro, Pop, Dub, Reggae und vieles mehr zu loungigen Stücken. Die Berliner covern dabei auch Led Zeppelins "Whole Lotta Love" und AC/DC "TNT", heraus kommen dabei chillige Tracks, die sich aber nie über die Originale lustig machen. Einfacher gestrickte Kumpels sind da King's Tonic: Die ebenfalls aus Deutschland stammende Band lässt es freilich ordentlich krachen: Freunde von geradlinigen Rocksong kommen hier auf ihre Rechnung. Die dürfte es - wie Tourneen durch U.S.A. und Russland belegen - für die Band nicht nur in Deutschland geben. (jpl)

07 Oktober, 2010

Andrea De Carlo: "Als Durante kam" (Diogenes)

Als Durante kam Mit seinem neuen Buch "Als Durante kam", bleibt Andrea De Carlo seinen Lieblingsthemen treu: Freundschaft und der von außen induzierten Lebensveränderung. Durante ist ein Lebenskünstler, den es in ein friedliches Tal in Norditalien verschlägt. An seinem Auto hängt ein Pferdeanhänger, inklusive Pferd. Wovon er genau lebt, ist nicht klar, er gibt ab und an mal ein paar Reitstunden. Die ländliche Idylle bringt Durante insofern durcheinander, als er den Frauen der Region den Kopf verdreht: Zunächst ist es Astrid, die österreichische Frau von Pietro - die beiden betreiben miteinander eine Weberei. Dann Astrids Schwester Ingrid, in die auch Pietro verliebt ist. So ist plötzlich jede der Hauptfiguren auf der Suche nach sich selbst und sogar Pietro, der Durante zunächst ablehnend gegenübersteht, kann sich dessen Charisma nicht erwehren und begibt sich mit ihm auf einen Roadtrip durch Italien und die Schweiz.

Freiheit hat ihren Preis

Einmal mehr erzählt De Carlo eine überzeugende Geschichte, und das in so klaren Bildern, dass man die Verfilmung bereits vor sich zu sehen glaubt. Durch die Ich-Erzählperspektive (Pietro) fühlt sich der Leser unmittelbar angesprochen und inmitten in der Geschichte. Das Thema Freiheit behandelt der Autor anhand der Figuren Durante und Pietro - der eine in völliger Freiheit, der andere scheinbar schon in seinen Webfäden gefangen. Die Annäherung dieser beiden Gegensätze zeigt am Ende das, was De Carlo selbst zu diesem Buch sagt: "Durante ist ein freier Mensch. Doch die totale Freiheit hat ihren Preis." (jpl)

Andrea De Carlo: "Als Durante kam" (Diogenes: Zürich: 2010), 468 Seiten
>> www.diogenes.ch

02 August, 2010

Patrick Jonsson/Weltrekorder/Lucky Fish

Patrick Jonsson: "This Is The Sky" (Echopark Music/Timezone)
Weltrekorder: "Weltrekorder" (handmade/8 o'clock/Zebralution)
Lucky Fish: "Away From The Cliffs" (Flowerstreet Records/Alive)
Aus der Schweiz stammt der Pop-Rocker Patrick Jonsson, seine Verbindung zu Skandinavien ist schon an seinem Namen ablesbar. Die Fotos im Booklet wurden allesamt im Norden Europas aufgenommen, die Musik in der Schweiz produziert. Jonsson zeigt sich zunächst von seiner rockigen Seite, das Songwriting kann sich hören lassen. Mit Track 4 ("Dancing In The Sky") kehrt ein wenig Ruhe ein, hier wechselt P.J. ins Balladenfach - und auch das gelingt. Noch mehr zurückgenommen ist das Schlussstück ("When Love Goes"). So ist hier ein Künstler mit geradlinigem Sound, der selbst zu seiner Musik sagt: "Ich wollte einen ehrlichen Sound, der zu mir passt." Übung gelungen.
In einer anderen Welt ist die nächste Band zuhause: Weltrekorder ist Indie-Pop aus Köln. Deutsche Texte treffen auf eingängige Melodien, einmal tanzbar, dann melancholisch, aber immer voller Leidenschaft. Dass sich die vier MusikerInnen nun einem Förderprogramm der deutschen Bundesregierung angeschlossen haben, widerspricht zwar wohl dem Independent-Gedanken - wer auf kräftige Riffs steht, wird hier trotzdem gut bedient werden.
Vergleichsweise raffinierter ist da die Münchner Band Lucky Fish, deren Debüt-CD "Away From The Cliffs" zwar schon seit einigen Monaten vorliegt, aber erst jetzt in einem CD-Stapel wieder nach oben gespült worden ist - organisch gewachsen sozusagen. Positiv fallen sofort die munter gesetzten Akkordfolgen auf, die sich wohltuend von Durchschnittsware abheben. Weiter so, möge diese Musik Bayern möglichst weiter hinter sich lassen. (jpl)

>> www.myspace.com/patrickjonsson
>> www.myspace.com/luckyfishband
>> www.myspace.com/weltrekorder

25 Juli, 2010

Wiglaf Droste: "Am Nebentisch belauscht" (Kunstmann)

Im Kunstmann Verlag ist diese CD als Hörbuch erschienen, Droste liest seine eigenen Texte: Dabei macht er sich ironische Gedanken über den Alltag, da geht es etwa ums Grillen oder ums Bosna-Essen am Würstelstand, das Droste dem angeberischen Abendessen in einem Nobelrestaurant allemal vorzieht. Selbst Heiratsanträge würde er lieber am Würstelstand machen, eine Frau, die in diesem Ambiente "Ja" sagt, könnte nur die Richtige sein. Erstaunlich oft geht es ums Essen, etwa gleich im Eröffnungstext "Der Biker, die Bockwurst im zarten Saitling". Droste nimmt durchaus sich selbst ein wenig auf die Schaufel, indem er thematisiert, dass man sich vor Einladungen zum Abendessen bei Kabarettisten unbedingt hüten müsste. So ist "Am Nebentisch belauscht" ein Hörbuch voller kleiner Alltagsbeobachtungen, denen man gerne - weil kurzweilig - folgt. (ks)

>> www.kunstmann.de

12 Juli, 2010

The Gaslight Anthem: "American Slang" (SideOneDummy Records/Trost)

Eine Band wie tausend andere auch - und doch mit einem Unterschied: Bruce "The Boss" Springsteen mag die vier Jungs aus New Brunswick und sagt das auch in der Öffentlichkeit. So ist davon in jeder Review dieser CD zu lesen, also auch in dieser. Was gefällt good ol' Bruce? Vielleicht die kleine Geschichte vom "Boxer", die sich letztlich als der beste Song des Albums erweist. Oder die Reflektion zu einer vergangenen Liebe ("We did it when we were young"), die andeutungsweise auch eine Mördergeschichte sein könnte, Motto: Love hurts - love kills. Hat man Springsteen im Hinterkopf beim Hören dieser Musik, dann erinnert das Dargebotenen musikalisch ein wenig an ihn. Gerockt wird gleichfalls ordentlich, dennoch scheint die Mischung aus Punk und Rock, gewürzt mit einer kleinen Prise Springsteen, nicht gerade eine Neuerfindung zu sein - die Springsteen'sche Begeisterung ist nicht ganz nachvollziehbar, passabel ist das Werk trotzdem allemal. (jpl)

>> www.trost.at

27 Juni, 2010

VA: "Uncompressed World - Audiophile Female Voices Vol.II" (Acoustic Arts Audiophile Recordings)

Ein beachtliches Unterfangen mit beachtlichem Ergebnis: Dieser Sampler versammelt weibliche Künstlerinnen aus der ganzen Welt, die sich dem Singer-Songwriting verschrieben haben. Eröffnet wird der Reigen mit Benedicte Torget ("Sleep Awhile") in aller Ruhe, von sphärischem Piano- und Gitarrespiel getragen. Diese Grundstimmung bleibt die gesamte CD hindurch erhalten, Stück zwei, Andrea Zorns Lied ("Better Be Home Soon") bietet - wie alle anderen Beiträge auch - Singwriting allererster Güte, gleiches gilt für die aufgebotenen Stimmen. Corrinne Mays "Five Loaves and Fishes" erinnert ein wenig die Indigo Girls und ist somit ein Song der Extraklasse. Zwischen den US-Sängerinnen wie Jamie Lynn Noon finden sich auch einige Skandinavierinnen. Rockige Zugänge fehlen bei dieser Zusammenstellung, aber der Sampler liefert einen kleinen, aber schönen Einblick in die internationale independent Singer-SongwritererInnen-Szene, der noch dazu auf ungewöhnliche Weise verpackt ist: In einer DVD-großen Hülle. (jpl)

>> www.acousticarts.com

19 Juni, 2010

VA: "South Africa" (Putumayo/Hoanzl)

Pünktlich zur ersten Fußball-Weltmeisterschaft in Afrika veröffentlicht Putumayo diesen Sampler zu "South Africa". Neben Stars wie der 2008 verstorbenen Miriam Makeba oder den Soul Brothers zeigt die Zusammenstellung auch KünsterInnen, die es noch nicht zu weltweiter aber lokaler Bekanntheit geschafft haben: Die Sängerin Phinda etwa oder Nibs van der Spuy, dessen "Beautiful Feet" sich als ordentlicher Ohrwurm erweisen. Südafrika ist seit Kolonialzeiten ein musikalisch interessanter Boden, hier mischen sich europäische und afrikanische Traditionen und werden heute durch weltweit gültige Pop-Mechanismen ergänzt: So greift Makeba in ihrem Stück "Orlando" auf Jazz-Einflüsse zurück und bezieht sich dabei aber nicht auf Orlando (Florida), sondern auf das gleichamige Township in Südafrika. Paul Simon ließ sich übrigens bei "Graceland" vom tollen südafrikanischen Chor Ladysmith Black Mambazo unterstützen und so verwundert es nicht, dass der vorliegende Sampler vom Soweto Gospel Choir beschlossen wird: Dessen Stück "Ngahlulele" geht auf ein traditionelles Zulu-Lied zurück und stellt ein Land musikalisch vor, in dem abseits der Vuvuzela-Tröterei in den Stadien Beachtliches zu hören ist. (jpl)

>> www.putumayo.com

18 Juni, 2010

Travels: "Robber On The Run" (Ownrecords/Alive)

Auf manches kann man sich auch in diesen Krisenzeiten verlassen: Auf die beständige Qualität der Releases von Ownrecords aus Luxemburg. "Robber On The Run", das dritte Album der Band aus Massachusetts fängt gemächlich an und bietet fortan bezaubernde Melodien, die einen ins Träumeland geleiten. Die E-Gitarre fehlt trotzdem nicht, in aller Ruhe steuert man auf den Höhepunkt des Albums ("What you haven't seen") zu. Ob der vorgenommenen Konzentration und Verdichtungen benötigen Travels gerade mal 27 Minuten, um ihr musikalisches Universum darzulegen - in diesem gibt es viel Bemerkenswertes zu entdecken. (jpl)

>> www.ownrecords.com

14 Mai, 2010

Eläkeläiset: "Humppabingo" (Stupido/Nordic Notes/Broken Silence)

Das fröhliche Rätselraten geht in eine Doppelrunde, denn die Rentnerband aus Finnland legt eine Best-Of-2-CD-Sammlung ihrer irrwitzigen Coverversionen vor: Hits meist mit finnischem Text und mit Schunkel-Akkordeon im 2er-Takt. Dazu ein knapp vor sich hin ruckelndes Schlagzeug. Um nur anzudeuten, um welche Songs es geht: Erkannt wurden "Kungfu Fighting", "I’m A Party Girl", "Solitary Man" und Kraftwerks "Das Model" – letzteres in deutscher Sprache mit rollendem finnischem R. "The Riddle" von Nik Kershaw findet sich in einer vergleichsweise zahmen Version; mit wenig schrägen Orgeltönen, einem geringen Anteil an polterndem Schlagzeug – kurz: mit wenig "Humppa". Eläkeläiset gelingt wieder Mal der geeignete Party-Mix von Rovaniemi bis Rimini. Insbesondere für alle, die jemals in den Verdacht geraten sind, "Lump" oder "Dump" gesagt zu haben: Sagen Sie einfach "Humppa"! (jpl)

26 März, 2010

Paul Roland: "Demos"//"Cabinet/Happy Families" (PRAS//Syborg/Nova Media)

Ja, ich gebe es zu: Es hat sehr lange gedauert. Die CDs von Paul Roland sind von einer Seite des überladenen Schreibtischs zur anderen gewandert - und wieder zurück. Jetzt ist klar: Es hat zu lange gedauert, denn einiges ist mir dadurch entgangen! Eine fette Ladung Musik mit insgesamt 76 Stücken (!) liefert Paul Roland ab, "Demos" ist ein Doppelalbum, zeitgleich wird mit "Cabinet/Happy Families" noch eine CD Rolands veröffentlicht. Um den Mann kurz vorzustellen, sei Ian Shirley, der Autor der Bauhaus Biografie 'Dark Entries' zitiert: "Paul Roland und Bauhaus sind die Gründer der englischen Dark Romantic Szene in den Achtzigern. Sie sind die wahren Götter des Goth.""Demos" ist gar eine limited edition mit 46 Songs. Mit diesen drei CDs kann man getrost einen vergnüglichen Abend verbringen, sich dieser Musik in die Arme legen und dabei sehr gut aufgehoben sein. Denn gar bezaubernd sind die Melodien, geradezu liebevoll so manch Arrangement und herrlich britisch Paul Rolands Zungenschlag. Somit liegt der Ball nun bei Ihnen - lassen Sie sich nicht genau so viel Zeit wie ich, immerhin wissen Sie ja nun, dass sie einiges versäumen würden! (jpl)

22 März, 2010

Botanica: "Who You Are" (rent a dog/alive)

Paul Wallfisch macht Karriere. In Kürze wird der Botanica-Bandleader die musikalische Leitung am Dortmunder Schauspiel übernehmen. Ob darunter die seit 11 Jahren bestehende Bandarbeit mit Botanica leidet, wird man sehen. Botanica zeigen sich auf ihrem sechsten Studioalbum in jugendlicher Frische, aufgenommen wurde in New York und Aachen. Das Album ist wie aus einem Guß und dennoch abwechslungsreich - das macht Spaß: Insgesamt versammelt die Band "10 Liebeslieder und 2 Gegengifte", wie es im Booklet heißt. Ist das Titelstück "Who you are" eine melodische Indie-Schnulze, wendet sich "Witness" den Surf-Gitarren zu. Wenig später treten "Backlit" und vor allem "Anhalter Bahnhof" als bezaubernde Pop-Balladen auf; und trotz dieser Vielfalt, fügt sich alles gut zusammen. Ungeduld kommt hier nie auf, Botanica wissen, dass die Kraft in der Ruhe liegt und spielen ihre Stärken - gelungenes Arrangement und Songwriting - gelassen aus. (jpl)

03 März, 2010

Anton Cechov: "Flattergeist" (Diogones)

Erzählungen aus den Jahren 1888 bis 1892 versammelt der Band "Flattergeist", neben der den Titel gebenden Geschichte etwa "In der Verbannung", "Weiber" oder "Die Wette". Maxim Gorki hat über den russischen Autor einst gesagt: "Ich übernehme es, alle, die Cechov kritisieren, umzubringen - diese stumpfsinnigen, großmäuligen, schimmelbedeckten Kunstkenner. Um Cechov zu verstehen, muss man ganz einfach ein anständiger Mensch sein."
Es sind Geschichten aus einer düsteren Zeit, aus einem Land vor der Revolution. Cechovs Figuren sind die so genannten kleinen Leute: Die Bauern, die Handwerker, die sich in alltäglichen, oft einer Parabel entnommenen Situation wieder finden. Etwa in der wunderbaren Erzählung "Die Wette", in der einer um eine beachtliche Geldsumme wettet, er könne über Jahre eingesperrt in einem Haus leben. Das überraschende Ende soll an dieser Stelle nicht verraten werden.
Cechov erzählt in klarer Sprache, alte russische Maße und manche sprachlichen Wendungen sind aus der Zeit heraus zu verstehen und würden so wohl heute nicht mehr verwendet werden. Die durchaus düstere Seite des russischen Lebens ist Cechovs Thema: Da kommen Teufeln vor oder in der Verbannung in Sibirien Lebende. Ersetzte man die russischen Namen durch englische, fühlt man sich bei Cechov zuweilen an einen erinnert, der wenige Jahrzehnte später zu einem der größten Erzähler werden würde: Ernest Hemingway. (jpl)

Anton Cechov: "Flattergeist" (Diogones: Zürich: 2009)
Diogenes-Hörbuch: "Flattergeist", gelesen von Ernst Schröder.

>> www.diogenes.ch

Neues aus der Steiermark

Vor kurzem hat Norb Payr bei pumpkin records ein full-length Album veröffentlicht. Gleiches gilt für Forenbacher und die Morbidelli Brothers.

An den Beatles kommt man einfach nicht vorbei; auch Norb Payr nicht. Sich von den Besten inspirieren zu lassen, kann schließlich nicht falsch sein. So gelingen auf Payrs geradlinigem Folk-Album "Hiding Place" bezaubernde Melodien, das Stück "No question of time" entpuppt sich gar als Ohrwurm allererster Güte. Damit die Übung gelingt, hat sich Payr erfahrene Musiker wie Gernot Feldner (Piano, Orgel) und Ed Schnabl (Gitarre) ins Studio geholt.

Payr vs. Forenbacher vs. Morbidelli Brothers

Anderes leistet Forenbacher mit Begleitcombo The Bisons auf "Life Vest", wenngleich die beiden doch Brüder im Geiste sind. Forenbacher ist freilich stärker im Rockbereich zuhause, Country-Einflüsse sind als gemeinsamer Nenner zu nennen. Forenbacher ist Austro-Kanadier, aufgenommen wurde in Nordamerika, sogleich fällt seine rauhe Stimme auf. Und auch das Songwriting gelingt tadellos, wenngleich Potenzial nach oben bleibt und in diesem Punkt Kollege Payr die Nase vorne hat.
Nummer drei im Reigen der jüngsten pumpkin-Veröffentlichungen sind die Morbidelli Brothers, die sich am meisten in Richtung in Richtung Country- und Westernmusik orientieren. Wer einen Soundtrack zum Brausen über steirische Landstraßen sucht, wird bei Forenbacher bestens bedient, für das anschließende Picknick lohnt der Griff zum herausragenden Norb Payr. (jpl)

Forenbacher & The Bisons: "Life Vest" (pumpkin/Trost)
Norb Payr: "Hiding Place" (pumpkin/Trost)
Morbidelli Brothers: " The Bandits Gospel " (pumpkin/Trost)

>> www.trost.at
>> www.kuerbis.at

06 Februar, 2010

Dakota Dave Hull & Gottfried Gfrerer, Wien, 21.1.2010

Vor kurzem war der US-Blueser Dakota Dave Hull gemeinsam mit Gottfried Gfrerer in Österreich unterwegs. Am 21.1.2010 haben sie ihre Blueszelte im Lokal "Frommen Helene" in Wien aufgeschlagen. Der Keller der "Frommen Helene" in der Josefstädter Strasse, zirka 60 Besucher haben sich eingefunden: Dakota Dave Hull und Gottfried Gfrerer spielen zunächst abwechselnd - Dakota Dave meist Traditionals, manchmal geht es auch in Richtung Ragtime, dazu ein paar eigene Nummern. Gfrerer bietet Stücke seiner aktuellen, sehr guten CD "Scoop And Run" und Lieder auf, die einen Querschnitt aus seiner langjährigen Karriere zeigen.

Im Duo: Dakota Dave Hull und Gottfried Gfrerer

Schließlich spielen die beiden einige Stücke miteinander, werfen einander zuerst die Titel und dann die Akkorde zu. Und spätestens in diesem Moment ist klar, dass dies ein besonderer Abend ist. Sehr zu empfehlen ist Dakota Dave Hulls aktuelle CD "Time Machine", deren Kraft in ihrer Ruhe liegt. Die CD enthält vor allem Traditionals wie "Tommy Petersons's Waltz" oder "Sail Away Ladies. Gottfried Gfrerers zu empfehlende aktuelle CD "Scoop & Run" lässt neben Blues auch Einflüsse aus den Richtungen Country und Folk zu und ist als rundum gelungenes Werk zu bezeichnen.

Dakota Dave Hull: "Time Machine" (Arabica Records)
Gottfried Gfrerer: "Scoop & Run" (Buntspecht/Hoanzl)

>> www.gottfriedgfrerer.at
>> www.dakotadavehull.com