21 März, 2017

Hot News 03/2017

Boxer John hat seinen ganz persönlichen Brexit bereits vollzogen: Der Brite lebt seit langerer Zeit in Wien und ist in den letzten zwei, drei Jahren immer umtriebiger geworden; allein im Jänner 2016 hat er gleichzeitig 4 (!) CDs released und betreibt - neben fleissigen Live-Aktivitäten - die Musiksendung The Vintage Underground auf Radio Orange. Diese Sendung ist auch der Namensgeber für die aktuelle CD, deren Vol. 1 deutet an, dass Boxer John schon mehr in Vorbereitung hat. Boxer John ist ein Traditionalist, er spielt hier mit Gästen wie Mickey Murphy, Critical Jim, Wanjo Banjo, Markus Brandstetter, Patrizia Sieweck und anderen alte Folksongs auf minimalistische Weise, somit auf das Nötigste reduziert. Eine Scheibe, die genau den Nerv dieser Retro-Zeiten treffen könnte. Oder anders gesagt: CD des Monats!
Live umgesetzte Tanzbarkeit haben Spitting Ibex bei der Präsentation ihrer Debüt-CD "Move Something" im Schwarzberg gezeigt. Im Club groovt die soulig-jazzig-poppige Musik ordentlich dahin, auf CD entsteht beim Zuhören vielleicht nur deshalb ein wenig Ratlosigkeit, weil das zuhause im Wohnzimmer nicht so recht zünden will. Schade, denn die Ambition ist vorhanden und gut, Tipp: auf ein Konzert gehen und einfach abtanzen!
Noch ein Release aus Österreich: Dog & Schwoaz präsentieren auf ihrer Debüt-CD einerseits Dialektlieder, die in Richtung Austro-Pop verweisen, andererseits sind auch ein paar englischsprachige Lieder darunter. Nobelpreisträger Dylan klingt dann als möglicher Referenzpunkt an und die Texte lassen sich auch von Franz Kafka inspirieren.

Am Puls der Zeit ist die ehemalige Kurier-Redakteurin Livia Klingl mit ihrem neuen Buch "Lauter Fremde! Wie der gesellschaftliche Zusammenhalt zerbricht", das bei Kremayer & Scheriau erschienen ist. Nach einem einleitenden Essay, der die Entsolidarisierung erklärt, porträtiert Klingl 21 Menschen, ihre grundsätzliche Frage dabei: Deren Zugang zu Fremdheit und Fremdsein. Neben Lojze Wieser und Silvana Meixner sind auch drei Flüchtlinge aus Afghanistan und Syrien unter den Portraitierten, Klingl zieht aus ihrer Arbeit am Buch das positive Resümee, dass Fremdheit - mit Ausnahme einer KZ-Insassin - von allen Portraitierten nicht als Bedrohung sondern als Bereicherung wahrgenommen wird. Ein wichtiges Buch, in Zeiten von fake news und alternativen Fakten.
Noch bis Ende März 2017 läuft das 18. Akkordeonfestival in Wien, am 20. März hat die portugiesische Akkordeonistin Celina de Piedade ihr Wien-Debüt gegeben und dabei charmant das Publikum in der Kirche am Gaussplatz auf ihre Seite gezogen. Während auch de Piedade beim Solo-Auftritt das Publikum mittels Klatschen mitzureißen wusste, gelingt dies auf ihrer aktuellen CD in Bandbesetzung mühelos. Inspirierend lassen sich de Piedade und ihre Mitmusiker bei ihren Liedern von musikalischen Traditionen, insbesondere aus der Region Alentejo. Schon bald ist Selina de Piedade, die übrigens schon den Eurovisions-Songcontest gewonnen hat (!), wieder in Wien zu Gast - Empfehlung. (jpl)

Boxer John: "Vintage Underground Sessions Vol. 1" (8/10)
Dog & Schwoaz: "s/t" (6/10)
Livia Klingl: "Lauter Fremde! Wie der gesellschaftliche Zusammenhalt zerbricht" (8/10)
Celina de Piedade: "Sol" (8/10)
Spitting Ibex: "Move Something" (5/10)

Live:
Fr 24.03.2017: Harlequin's Glance, Little Stage, 20h, 1050 Wien
Do 30.03.2017: Dog & Schwoaz, Dezentral, 20:30h, 1020 Wien
Fr 07.04.2017: Nino aus Wien, CD-Präsentation, Arena, 20h, Baumgasse, 1030 Wien
Fr 07.04.2017: Frauenmusik, Arena-Bar, Soyka/Rittmannsberger, 19:30h, Margaretenstraße 111, 1050 Wien
Sa 08.04.2017: Christian Masser: Glanzgraben/Bruck Mur
Sa 15.04.2017: Leo Taschner, Cafe Mocca, Gersthof, S-Bahnstation Gersthof, 20h

01 März, 2017

FrauenFilmTage 2017

Von 2. bis 9.März finden in Wien die FrauenFilmTage 2017 statt. Seit 2004 wird in Wien die erste Märzwoche rund um den internationalen Frauentag, den 8. März, alljährlich mit den FrauenFilmTagen bespielt.

Eröffnet werden die FrauenFilmTage mit der isländischen Liebeskomödie „L'effet aquatique“ von Solveig Anspach, in der sich Samir als Nichtschwimmer ausgibt, um seiner Angebeteten, einer Schwimmlehrerin, näher zu kommen. Dieser Film wird am 2. März im Filmcasino gezeigt – einer inzwischen traditionellen Spielstätte dieses Festivals. Weil das Filmhaus am Spittelberg, wo stets der Großteil des Festivals gezeigt wurde, inzwischen leider zugesperrt hat, übersiedeln die FrauenFilmTage ins barrierefreie, stimmungsvolle Metro-Kino.

Island - Nordamerika

Ein Schwerpunkt heuer liegt beim nordamerikanischen Kino, so ist etwa „The Edge Of Seventeen“ am 4. März zu sehen, der auch für den Golden Globe nominiert war. Die Personale der FrauenFilmTage 2017 ist der Kostümbildnerin Monika Büttner gewidmet, die u.a. bei Filmen wie „Was hat uns bloß so ruiniert“ (5.3.) oder „Der Vampir auf der Couch“ (7.3.) mitgearbeitet hat.

Die spanische Regisseurin Isabel Coixet wird in Wien zu Gast sein, weil im Rahmen des Festivals u.a. ihre Filme „Nobody wants the night“ (4.3.) und „Mein Leben ohne mich“ (7.3.) laufen: „Nobody wants the night“ beruht auf der wahren Geschichte der Ehefrau des Polarforschers Robert Peary, die ihrem Mann in Richtung Südpol Anfang des 20. Jahrhunderts nachgereist ist und als erste weiße Frau in der Arktis überwintert hat.

Tunesien - Nepal

Unbedingt zu empfehlen ist der nepalesisch-deutsche Dokumentarfilm „Urmila – für die Freiheit“ (8.3.) von Susanne Gluth, der den Kampf der Nepalesin Urmila Chaudhary gegen die Ausbeutung von Mädchen als Haushaltsskalvinnen zeigt. Am 9. März enden die Frauenfilmtage mit einer Dokumentation über das politische Engagement zweier Frauen für ein demokratisches Tunesien: „A Revolution in four seasons“. Ich bin im Kino. (jpl)

Programm: www.frauenfilmtage.at
Buchtipp: Urmila Chaudhary: „Sklavenkind“ (Knaur)

Fotos: Zik Zak Filmworks/polyfilm; MetroFilms