13 Juni, 2011

Hotel Palindrone: "Jodulator" (pocket sized sun/hoanzl)

Wer bei der energiegeladenen CD-Präsentation im Theater am Spittelberg dabei war, hatte die Chance ein Exemplar von "Jodulator" zu gewinnen - die Bedingung: Sich als Jodulator zu verkleiden. Der Jodulator 3000 ist ein Ausblick in die Zukunft, der besagt: "Auch in tausenden Jahren gibt es Jodeln." Was nichts anderes bedeutet als: The music survives. Beständigkeit in der Qualität hat das Wirken von Hotel Palindrone, davon können sich Fans seit immerhin rund 15 Jahren und mittlerweile vier CDs überzeugen. Die Band - auch mit dem österreichischen Worldmusic-Preis ausgezeichnet - verwöhnt wieder mit Worldmusik, gespeist aus diversen europäischen Traditionen. So manches Lied ist auf den Tourneen der Gruppe durch halb Europa entstanden, auch in Übersee gab es bereits Konzerte (Malaysia, Mexiko). Die selbst verpasste musikalische Frischzellenkur mittels Beatboxing und dezent eingesetzter Elektronik fügt sich gut in das Gesamtklangbild ein, somit kann man angesichts des Jodulators sagen: Willkommen im 21. Jahrhundert! Und: Es geht weiter... mit Hotel Palindrone im Ohr darf man sich auf die nächsten tausend Jahre freuen. (mhl)

>> www.hotelpalindrone.com
>> www.myspace.com/hotelpalindrone

12 Juni, 2011

Mario Adorf liest Bohumil Hrabal: "Schöntrauer" (hörkunst kunstmann)

Der deutsche Schauspieler Mario Adorf liest auf dieser Hör-CD Texte von Bohumil Hrabal, dem vielleicht wichtigsten tschechischen Autor, dessen Humor zeitlos gültig ist. Hrabal wurde in Brünn geboren, wuchs aber in dem Dorf Nymburk an der Elbe auf, dort spielen auch die Geschichten auf dieser CD, die aus der Romantrilogie "Das Städtchen am Wasser: Die Schnur", "Schöntrauer", "Harlekins Millionen" stammen. Hrabals zeigt humorvoll das kleine Welttheater einer tschechischen Provinzstadt. Etwa in einer Passage aus der Geschichte "Die Meerjungfrau", in der der Schulleiter verlangt, die Schüler sollten über ihre Berufswünsche schreiben. Zumindest Präsident sollten sie werden wollen. Der jugendliche Ich-Erzähler schreibt aber, dass er lieber arbeitslos werden wolle, denn: "Ein Arbeitsloser geht genauso ungern in die Arbeit, wie ich in die Schule gehe." Adorf liest Hrabals Texte gekonnt, ohne im Ausdruck zu übertreiben - man ist ihm dankbar dafür und kann mit dieser CD den schlicht besten tschechischen Autor der Gegenwart wieder entdecken, dem auch das großartige Buch "Ich habe den englischen König bedient" zu verdanken ist. (jpl)

Mario Adorf liest Bohumil Hrabal: "Schöntrauer" (hörkunst kunstmann, 10/10)

06 Juni, 2011

Zu Unrecht liegen Gebliebenes (Juni 2011)

Mit starker Wien-Connection ist Bettina Kösters Album "Queen Of Noise" entstanden: Alexander Nefzger hat produziert, Bernhard Moshammer hat Gitarren eingespielt und erschienen ist das Teil bei Asinella. Eröffnet wird mit einer Beatles-Covernummer ("Helter Skelter"), Köster singt mit Bass-Stimme, kratziger, rauchig, ein wenig wie Marianne Faithful. Dazu passt dann auch das nächste Cover: "Femme Fatale". Ein Album, das auch dunkle Momente hat, Stücke wie "Pity Me", bei dem der Bass pumpt wie der Herzschlag, 120 bpm.
Dagegen ist Tom Gillam einer Rocker der alten Schule und legt mit "Better Than The Rest - An Anthology" eine Best-Of-Sammlung vor: Schnörkellose, einfache Songs, klar gespielte E-Gitarren, in Songs über Mädchen von der High School ("High") und über zwei barflies in Nashville, Tennessee. "Ich habe mich immer gefragt, was aus diesem Mädchen geworden ist, sie war lustig und sie war verrückt", sagt Gillam über "High" - der C-Teil ist dabei musikalische Ehrensache, ebenso die Country- und Blues-Anklänge (eine der Höhepunkte des Albums: "Every Morning"). Tipp: Unbedingt bis zu Ende hören, denn dort versteckt sich der schöne Country-Rock-Song "Long Way Home".
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt Mike Doughty auf "Sad Man Happy Man", wenngleich seine Bezugspunkte mehr bei irischer Musik als bei Country-Rock liegen. Die angedeutete Rauheit Gillams gibt es bei Doughty zwar nicht, aber die Songs haben durchwegs Klasse - eine erfreuliche Überraschung.
Weltmusik aus Wien: Der in Österreich lebende Balafon-Spieler Mamdou Diabate legt mit "Kanuya" ein Album vor, das - wie er in den Linernotes anmerkt, die "schönsten musikalischen Erlebnisse meiner musikalischen Erlebnisreise" versammelt - mit dabei ist u.a. Wolfgang Puschnig und die Truppe Studio Percussion Graz - bemerkenswert.
Ohne Vorschusslorbeeren und Vorurteilen in den CD-Player, das ist der kleine Vorteil den Never-Heard-Bands bei Rezensenten haben: La Stampa "Pictures Never Stop" zeigt die Band aus Hamburg(?) machen Retro-80ies-Pop, mit Ansätzen von Gitarren- bis Synthie-Pop. The Human League treffen auf The Jeremy Days, oder so. Die Texte sind meist in englischer Sprache, drei von elf Mal auf Deutsch. Musikalisch wie inhaltlich muss man zu La Stampa sagen: Chance nicht ganz genützt und somit weiterhin bestehend.
Eines noch, der Rest bleibt zu Unrecht bis Juli liegen - ein Monat mehr oder weniger ist jetzt auch schon wurscht: Gar nicht nett, nämlich "We Are Terrorists", nennen My Name Is Music ihr heuer erschienenes Album, das von Gitarren und elektronischen Sounds gespeist wird. Man versucht starke Sätze als Songtitel vom Stapel zu lassen (z.B. "Pop Is Dead", "Rock'n Roll Is Mono", "I Don't Need Your Sympathy"), aber irgendwie kommt einem das alles viel zu bekannt vor und vermag nur in wenigen Momenten zu überraschen. Ja, zu loben ist die Stimme von Phoebe Hall - ansonsten ein durchschnittliches Pop-Album. (jpl)

Mamadou Diabate's Percussion Mania: "Kanuya" (Extraplatte, 7/10)
Mike Doughty: "Sad Man Happy Man" (ATO Records, 2009, 6/10)
Tom Gillam: "Better Than The Rest - An Anthology" (Blue Rose/Hoanzl, 2010, 8/10)
Bettina Köster: "Queen Of Noise" (Asinella/Hoanzl, 2007, 7/10)
La Stampa: "Pictures Never Stop" (staatsakt/Roughtrade, 2010, 4/10)
My Name Is Music: "We Are Terrorists" (Pate/Hoanzl, 2011, 4/10)