26 März, 2010

Paul Roland: "Demos"//"Cabinet/Happy Families" (PRAS//Syborg/Nova Media)

Ja, ich gebe es zu: Es hat sehr lange gedauert. Die CDs von Paul Roland sind von einer Seite des überladenen Schreibtischs zur anderen gewandert - und wieder zurück. Jetzt ist klar: Es hat zu lange gedauert, denn einiges ist mir dadurch entgangen! Eine fette Ladung Musik mit insgesamt 76 Stücken (!) liefert Paul Roland ab, "Demos" ist ein Doppelalbum, zeitgleich wird mit "Cabinet/Happy Families" noch eine CD Rolands veröffentlicht. Um den Mann kurz vorzustellen, sei Ian Shirley, der Autor der Bauhaus Biografie 'Dark Entries' zitiert: "Paul Roland und Bauhaus sind die Gründer der englischen Dark Romantic Szene in den Achtzigern. Sie sind die wahren Götter des Goth.""Demos" ist gar eine limited edition mit 46 Songs. Mit diesen drei CDs kann man getrost einen vergnüglichen Abend verbringen, sich dieser Musik in die Arme legen und dabei sehr gut aufgehoben sein. Denn gar bezaubernd sind die Melodien, geradezu liebevoll so manch Arrangement und herrlich britisch Paul Rolands Zungenschlag. Somit liegt der Ball nun bei Ihnen - lassen Sie sich nicht genau so viel Zeit wie ich, immerhin wissen Sie ja nun, dass sie einiges versäumen würden! (jpl)

22 März, 2010

Botanica: "Who You Are" (rent a dog/alive)

Paul Wallfisch macht Karriere. In Kürze wird der Botanica-Bandleader die musikalische Leitung am Dortmunder Schauspiel übernehmen. Ob darunter die seit 11 Jahren bestehende Bandarbeit mit Botanica leidet, wird man sehen. Botanica zeigen sich auf ihrem sechsten Studioalbum in jugendlicher Frische, aufgenommen wurde in New York und Aachen. Das Album ist wie aus einem Guß und dennoch abwechslungsreich - das macht Spaß: Insgesamt versammelt die Band "10 Liebeslieder und 2 Gegengifte", wie es im Booklet heißt. Ist das Titelstück "Who you are" eine melodische Indie-Schnulze, wendet sich "Witness" den Surf-Gitarren zu. Wenig später treten "Backlit" und vor allem "Anhalter Bahnhof" als bezaubernde Pop-Balladen auf; und trotz dieser Vielfalt, fügt sich alles gut zusammen. Ungeduld kommt hier nie auf, Botanica wissen, dass die Kraft in der Ruhe liegt und spielen ihre Stärken - gelungenes Arrangement und Songwriting - gelassen aus. (jpl)

03 März, 2010

Anton Cechov: "Flattergeist" (Diogones)

Erzählungen aus den Jahren 1888 bis 1892 versammelt der Band "Flattergeist", neben der den Titel gebenden Geschichte etwa "In der Verbannung", "Weiber" oder "Die Wette". Maxim Gorki hat über den russischen Autor einst gesagt: "Ich übernehme es, alle, die Cechov kritisieren, umzubringen - diese stumpfsinnigen, großmäuligen, schimmelbedeckten Kunstkenner. Um Cechov zu verstehen, muss man ganz einfach ein anständiger Mensch sein."
Es sind Geschichten aus einer düsteren Zeit, aus einem Land vor der Revolution. Cechovs Figuren sind die so genannten kleinen Leute: Die Bauern, die Handwerker, die sich in alltäglichen, oft einer Parabel entnommenen Situation wieder finden. Etwa in der wunderbaren Erzählung "Die Wette", in der einer um eine beachtliche Geldsumme wettet, er könne über Jahre eingesperrt in einem Haus leben. Das überraschende Ende soll an dieser Stelle nicht verraten werden.
Cechov erzählt in klarer Sprache, alte russische Maße und manche sprachlichen Wendungen sind aus der Zeit heraus zu verstehen und würden so wohl heute nicht mehr verwendet werden. Die durchaus düstere Seite des russischen Lebens ist Cechovs Thema: Da kommen Teufeln vor oder in der Verbannung in Sibirien Lebende. Ersetzte man die russischen Namen durch englische, fühlt man sich bei Cechov zuweilen an einen erinnert, der wenige Jahrzehnte später zu einem der größten Erzähler werden würde: Ernest Hemingway. (jpl)

Anton Cechov: "Flattergeist" (Diogones: Zürich: 2009)
Diogenes-Hörbuch: "Flattergeist", gelesen von Ernst Schröder.

>> www.diogenes.ch

Neues aus der Steiermark

Vor kurzem hat Norb Payr bei pumpkin records ein full-length Album veröffentlicht. Gleiches gilt für Forenbacher und die Morbidelli Brothers.

An den Beatles kommt man einfach nicht vorbei; auch Norb Payr nicht. Sich von den Besten inspirieren zu lassen, kann schließlich nicht falsch sein. So gelingen auf Payrs geradlinigem Folk-Album "Hiding Place" bezaubernde Melodien, das Stück "No question of time" entpuppt sich gar als Ohrwurm allererster Güte. Damit die Übung gelingt, hat sich Payr erfahrene Musiker wie Gernot Feldner (Piano, Orgel) und Ed Schnabl (Gitarre) ins Studio geholt.

Payr vs. Forenbacher vs. Morbidelli Brothers

Anderes leistet Forenbacher mit Begleitcombo The Bisons auf "Life Vest", wenngleich die beiden doch Brüder im Geiste sind. Forenbacher ist freilich stärker im Rockbereich zuhause, Country-Einflüsse sind als gemeinsamer Nenner zu nennen. Forenbacher ist Austro-Kanadier, aufgenommen wurde in Nordamerika, sogleich fällt seine rauhe Stimme auf. Und auch das Songwriting gelingt tadellos, wenngleich Potenzial nach oben bleibt und in diesem Punkt Kollege Payr die Nase vorne hat.
Nummer drei im Reigen der jüngsten pumpkin-Veröffentlichungen sind die Morbidelli Brothers, die sich am meisten in Richtung in Richtung Country- und Westernmusik orientieren. Wer einen Soundtrack zum Brausen über steirische Landstraßen sucht, wird bei Forenbacher bestens bedient, für das anschließende Picknick lohnt der Griff zum herausragenden Norb Payr. (jpl)

Forenbacher & The Bisons: "Life Vest" (pumpkin/Trost)
Norb Payr: "Hiding Place" (pumpkin/Trost)
Morbidelli Brothers: " The Bandits Gospel " (pumpkin/Trost)

>> www.trost.at
>> www.kuerbis.at