Neues aus der Steiermark: Son Of The Velvet Rat legt uns ein Album mit Coverversionen unter den Weihnachtsbaum. In der inzwischen gerne gewohnten Intensität, bewegt sich SOTVR zwischen Lyle Lovett und Shel Silverstein. Sogar Donna Summers Hit „I will survive“ ist dabei und wird in das Universum des Grazers geholt. Großartig: Das reduzierte „Eat drink be merry“, das es besser nur von Tim Rose zu hören gibt. Überraschend ist die Dichte an Piano bzw. orgelbasierten Liedern, passiert hier gerade eine musikalische Neuorientierung? Und wer zu überlegen beginnt, welche Covers er sich von SOTVR gewünscht hätte, belegt mit solchen Gedanken schon, dass dieser wieder einmal sehr viel richtig gemacht hat.
Weiter nach Niederösterreich: Ich mochte diesen Nils seit ich ihn zum ersten Mal im B72 live gesehen habe, danach gab es mal einen gemeinsamen Auftritte mit der Legende Ronnie Urini. Nils' zweite CD "Keine Nacht für niemand" ist ebenso sympathisch wie das Vorgänger-Album. Dass sich Nils musikalisch an einer gewissen Nora abarbeitet ("Nora et labora"), ist ok, mit der schönen Zeile "Die ganze Welt ist verliebt" beginnt Nils sein Album und zeigt sich sofort wieder als Songwriter, der auch die großen Gefühle nicht scheut und sich erneut als Meister der gebrochenen Herzen erweist. Das Gespür für die schöne Melodie hat Nils ohnehin und so ist "Keine Nacht für niemand" ein wunderbares Weihnachtsalbum geworden, das in den besten Momenten an Funny van Dannen denken lässt, weil auch Nils Humor hat. "Ich verklage Hollywood", singt Nils ("Bob Dylan wundert sich über Tom Schilling"), weil ihm Hollywood-Filme falsche Hoffnungen in puncto Liebe gemacht haben. Es gilt: Eintauschen!
Oder: Wen es in die Ferne zieht, der ist mit der neuen CD von Amparo Sanchez bestens bedient. Denn die spanische Sängerin bedient sich überall, wo passende Versatzstücke zu holen sind, das kann bei Volks- wie Popmusik sein, und so klingt auch ihr Ekklektizismus. Der ist einerseits politisch und tanzbar andererseits - dazwischen gibt es genügend ruhige, melancholische Momente und ja: Sogar der Blues schimmert irgendwo durch; was will man mehr. Die Melodien sind zwingend und Sanchez' Stimme ist rauchig und einprägsam, die kriegt man so schnell nicht aus den Gehörgängen - "Ich bin der Mond in einem Spiegel", heißt es da, womit wir zur Schwester im Geiste kommen, denn die legendäre mexikanische Sängerin Chavela Vargas liefert unter dem Projektname La Luna Grande geradezu eine sensationelle neue Veröffentlichung - da reicht eine Lady Gaga-CD zum Eintauschen sicher nicht. Vargas interpretiert mit ihren 93 (!) Jahren Gedichte des größten spanischen Dichters, Federico García Lorca. Zwei Gitarren - kongenial: Juan Carlos Allende und Miguel Pena - und die brüchige, manchmal auch weinerliche Stimme von Chavela Vargas, mehr braucht es nicht. Man spürt bei diesen Aufnahmen stets den Hauch der Geschichte, auch wenn Vargas' ihre Stimme meist nur zu einem Sprechgesang hochschwingt. Aber auch das genügt, es ist klar: Diese Aufnahmen sind etwas Besonderes, da halten auch das aufwändige Booklet und Artwork gut mit. Muy bien y bien hecho!
Nils: "Keine Nacht für niemand" (7/10)
Amparo Sanchez: "Alma De Cantaora" (8/10)
Johann Sergej: "Drivin' Nails In My Coffin"(7/10)
Son Of The Velvet Rat: "Reaper" (8/10)
La Luna Grande: "Hommage de Chavela Vargas a Federico García Lorca" (10/10)
Die besten 10 Konzerte des Jahres 2012:
1) Delany Davidson (rhiz)
2) The Nits (akzent)
3) Katrin Navessi (wuk)
4) Capitan Tifus (wuk)
5) Ripoff Raskolnikov (shelter)
6) ToRi (bmäx)
7) pauT (rhiz)
8) Toyo (ubon ratchathani)
9) Tankris (chelsea)
10) Tanita Tikaram (porgy)
Die besten 10 Releases 2012:
1) Penelope Houston: "On Market Street"
2) Calexico: "Algiers"
3) Eleni Mandell: "I Can See The Future"
4) Tori Amos: "Gold Dust"
5) Katrin Navessi: "17 Shades Of Blue"
6) Ripoff Raskolnikov: "Lenin Street"
7) Novi Sad: "16 Songs 22 Years"
8) The More Or The Less: "Keep Calm"
9) Laura Rafetseder: "The Minor Key Club"
10) Harlequin's Glance: "Ashore"
10) Amparo Sanchez: "Alma de Cantaora"
10) Son Of The Velvet Rat: "Reaper"
10) La Luna Grande: "Hommage de Chavela Vargas a Federico García Lorca"