Harmlos geht es los: die französische Chefdesignerin Marion bekommt den Auftrag das Brautkleid und den Schleier für die Hochzeit einer englischen Prinzessin zu gestalten. Fortan arbeitet nicht nur eine Handvoll Schneider:innen in Frankreich daran, sondern auch globale Lieferketten kommen in Gang. Immer wieder sieht man – in der Parallel-Handlung – auch den indischen Sticker Gani, der sein Augenlicht riskiert, um Geld zu verdienen und an seine Tochter zu schicken. Nicht nur der indische Sticker ist unter Druck, auch Marion bekommt es von allen Seiten ab: vom Besitzer ihres Modelabels genauso wie von ihrem Ehemann und ihrer Tochter.
Toxische Schlüssel-Szene
Eine starke Szene featured den toxischen Ehemann, der Marion in einen lächerlichen Streit verwickelt, in dem Beschuldigungen an den Haaren herbei gezogen werden und scheinbar schlüssig präsentiert werden. Sie habe diese Schlüssel-Szene auf rund 55 Seiten skizziert, erzählt die Regisseurin und Autorin Caroline Guiela Nguyen im Publikumsgespräch. Auch die Tochter leidet unter der Familiensituation, die zur Auflage für den Ehemann führt, sich der – in der Folge – Ex-Frau und Tochter nicht zu nähern. Wie bei ungesunden Menschen typisch: der Ex-Mann missachtet das Gebot und wird von der Polizei abgeführt.
Video & Chats
Besonders am Stück ist die Umsetzung: Live-Video-Elemente werden mittels Kameras genauso eingesetzt wie Projektionen von Chats oder anderen Informationen in verschiedenen Sprachen. In Kombination mit Filmmusik bekommt „Lacrimas“ den Touch eines Live-Filmes. Die Leistung der Profi- und Laienschauspieler:innen ist bei diesem 3 Stunden langen Stück heraus zu streichen. Ein begeistertes Publikum und standing ovations waren der Lohn für einen herausragenden Theater-Abend.
Ein weiteres Highlight verspricht das Stück „The Making Of Berlin“ zu werden, das von 3. bis 5 Juni im Rahmen der Wiener Festwochen im Akzenttheater zu sehen ist, zum Inhalt: während im Jahr 1945 Bomben auf Berlin fielen, träumte Friedrich Mohr, Orchesterwart der Berliner Philharmoniker, von einem letzten gemeinsamen Auftritt. Er versammelte die Musiker in Bunkern, um Richard Wagners Götterdämmerung über das Radio in ganz Berlin erklingen zu lassen. Aber die Verbindung brach ab. Fasziniert von Mohrs Lebensgeschichte unternahm die belgische Theatergruppe Berlin gemeinsam mit dem Radiosender Klara, dem Orchester des Opera Ballet Vlaanderen und dem Schauspieler Martin Wuttke den Versuch, seinen damals gescheiterten Traum im Heute umzusetzen. Doch die Recherchen zum Projekt, das von der Filmemacherin Fien Leysen dokumentiert wird, legen immer mehr Ungereimtheiten in Mohrs Erzählungen offen. Im Zusammenspiel mit Live-Musik verschwimmen die Grenzen zwischen Fiktion und Dokumentation, Video und Live-Performance. Ein mitreißendes Stück voller überraschender Wendungen. Hingehen.
Theaterstück für Kinder
Von 13. bis 24. Juni 2024 ist im Dschungel in Kooperation mit den Festwochen das Stück "Amazonen" zu sehen. Der Hintergrund: Einst lebte, arbeitete und kämpfte eine Gruppe von freien Frauen an den Ufern des Schwarzen Meeres. Sie gründeten eine Gemeinschaft ohne Männer und nannten sich Amazonen. Wie kam es dazu? Und warum reagierten die männlichen Helden der Antike so aggressiv? Ausgestattet mit Lego-Figuren, Landschaftsmodellen, Live-Video und Protestbildern aus dem Internet begibt sich eine Geschichtenerzählerin auf die Spuren des Mythos und inszeniert eine zeitgenössische Version für Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren. Ohne Begleitung durch Erwachsene initiiert "Amazonen" ein offenes Gespräch unter Gleichaltrigen zu zentralen Themen unserer Zeit: Ist es gerechtfertigt, Gewalt anzuwenden, um sich gegen Angriffe von außen zu wehren? Wie weit dürfen oder sollen wir für die Verteidigung der eigenen Meinung und den Protest gegen (Geschlechter-)Ungerechtigkeiten gehen? Wer sind die Amazonen unserer Zeit? Und was hat das alles mit dem Amazonas zu tun? Im Dschungel gibt es die Antworten auf diese Fragen auf der Bühne zu sehen. (jm, Fotos: Koen Broos, Olympus Kids, jpl)