Eine der Entdeckungen der letzten Jahre ist die Band Big Deal, die legt nun nach dem tollen Debüt "Lights Out" nach: "June Gloom" beginnt ähnlich wie das erste Album - in Zeitlupe, aber schon im ersten Song nimmt die Band mehr Fahrt auf. Das etwas schnellere Tempo wird beibehalten, herausgekommen ist ein tolles Rockalbum, das in zwei Wochen in einem Schiffswrack in Ost-London aufgenommen worden ist. Wieder großartig: Die kraftvollen E-Gitarren, hier hat eine Band ihre eigene Sprache gefunden und benutzt sie großartig. Somit: CD des Monats!
Mit dem Putumayo-Sampler "Vintage France" kann man auf entspannte Weise in das Frankreich der 1950er und 1960er-Jahre eintauchen. Juliette Greco eröffnet den bunten Reigen, daneben stehen aber auch SängerInnen von heute wie Madeleine Peyroux, die klassische französche Chansons interpretieren. Charmant und - tres bien!
Überaus charmant ist selbstverständlich auch Max Raabe mit seiner neuen Veröffentlichung "Für Frauen ist das kein Problem": Dabei wird die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Anette Humpe - ja, das ist die Autorin von DÖFs "Codo" - fortgesetzt. Schmunzeln erzeugen die beiden beim geneigten Hörer auch dieses Mal wieder, auch wenn eine geniale Zeile wie "Küssen kann man nicht alleine", dem titelgebenden Lied der letzten CD, dieses Mal nicht dabei ist. Trotzdem kommt das alles locker herüber, als wären Humpe & Raabe einfach auf einer Dachterrasse gesessen und hätten sich launig Anekdoten erzählt und dabei die Lieder entstehen lassen. Vielleicht war's ja genau so.
Oder die eine oder andere Zeile ist im Traum zugefallen. Dann wäre der Sampler "Latin Dreamland" der geeignete Soundtrack dafür. Bezaubernd beginnt die CD mit "Èste era un conejo", einem Schlaflied aus Argentinien, in dem die Kaninchen von Karotten träumen. Beiträge kommen u.a. von Márcio Faraco (Brasilien), Maruca (Mexiko) und Marta Gómez (Kolumbien). Süße Träume, vielleicht von Karotten! Die Antithese dazu liefert die österreichische Band Russkaja mit der neuen Scheibe: Die inzwischen gut etablierte High-Speed-Kraftmeierei in Richtung Ost-Block wird weitergeführt, aber dieses Mal wird noch mehr als Traditionalismen verwurstet - Hardrock und gar Operette klingen durch. Und Aliosha Biz ist bei ein paar Nummern an der Violine dabei. Woher die Spracheinsprengsel kommen, ist gar nicht immer zu erkennen, denn bei Russkaja verhält es sich so wie bei den SchlagersängerInnen der 1950er bis 1970er-Jahre: Auch sie haben mittels Akzent und Fremdsprachigkeit einen Exotikbonus zu erzielen versucht - da geht es mehr um die Pose als um den Inhalt. Live funktioniert die brachiale Gewalt des Sängers sicher und der Rhythmus fährt sowieso in die Beine.
Abschließend noch 2 Live-Tipps, am Montag den 6. Mai ist ein junger Mann von den Färöer-Inseln zu Gast in Wien: Teitur bespielt den Stadtsaal ab 20h. Bei Färöer denkt man natürlich an die Fußball-WM-Qualifikation, in Wien wurde heuer bereits 6:0 gewonnen, Schweden wartet als nächster Gegner. Spielen Länder mit einer guten Musikszene besseren Fußball? Wir werden sehen, The Leather Nun mochte ich jedenfalls immer. (jpl)
Big Deal: "June Gloom" (Mute, 10/10)
Natalie Maines: "Mother" (Sony, 9/10)
Max Raabe: "Für Frauen ist das kein Problem" (Decca, 8/10)
Russkaja: "Energia!" (6/10)
VA: "Latin Dreamland" (Putumayo, 8/10)
VA: "Vintage France" (Putumayo, 8/10)
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