Zu Unrecht liegen Gebliebenes (12/2011)
Am Ende des Jahres also die große Aufarbeitung. Vieles wurde in diesem Jahr gewürdigt, mit bis zu 8, 9 oder gar 10 Punkten bedacht. Trotzdem: Manche Scheiben sind der Bewertung bisher entgangen. Und gleich der Freispruch: Nicht immer ist ihr Rezensent daran Schuld. Beispiele?
Das Album "Dance With A Statue" der lässigen Wiener Band
wemakemusic* stammt aus 2009 und hat es erst im Herbst 2011 geschafft, in die Hände zu fallen. Macht nichts, denn das Album ist so fein produziert, dass es sich um zeitlose Qualiätsware handelt, oszillierend zwischen Indie-Pop und Indie-Folk. Gut abgelegen, sozusagen - daher auch aus der Distanz von 2 Jahren weiterhin gültig.
Das würde man in einem Jahr auch schon von "Floating", der CD der Band
Skyside sagen. Bei deren CD-Präsentation im November 2011 haben wemakemusic* als Vorgruppe agiert - daher fiel auch die überfällige CD zu. Skyside zeigt eine gut eingespielte Band, mit herausragender Sängerin Katrin am Mikro. Die ist inzwischen ins Nachbarland gewechselt, ob Skyside ihre gelungene Folkvariante live weiterführen werden, ist noch offen - die neue Sängerin hätte jedenfalls das Potenzial in die Fußstapfen der Vorgängerin zu treten. Man darf darauf hoffen; Skyside ist eine überdurchschnittlich gute Band, um die es allemal schade wäre.
So, jetzt aber schnell mal raus mit Sóley aus dem CD-Player: Denn bereits seit September 2009 ist
My Awesome Mixtape am Schreibtisch von einer Seite zur anderen gekugelt. Völlig zu unrecht, wie sich schon nach wenigen Minute zeigt. Die Band aus Italien - von dort ist ja kaum mal etwas zu hören - liefert ihre mit viel Pop-Appeal versehene Mischung aus Synthie-Klängen, Mitsumm-Chören und eingängigen Refrain-Hooklines ab. Nicht ganz falsch zieht die Presseinfo eine Linie hin zu They Might Be Giants! Feines Teil, das mit "How The Feet Touch The Ground" einen Ohrwurm beinhaltet, der demnächst auch beim DJing zum Einsatz kommen sollte.
Nur zwei Monate liegen geblieben - und auch das zu Unrecht - ist das neue Album von
Yann Tiersen. Klar, den Name kennt man inzwischen, ist das dann schon Mainstream? Wahrscheinlich, ist aber eigentlich auch wurscht. Hauptsache das siebente Studioalbum rockt ordentlich - und das tut es vom ersten Track an. Aufeinander getürmte Synthie-Klangschichten werden mit E-Gitarren unterfüttert und dann liegen auch noch Chöre darüber (Track 2: "I'm Gonna Live Now"). Aufgenommen wurde rund um die Welt (von Frisco bis Paris), artifiziell und verspielt gibt sich die Scheibe auch gerne und das steht ihr gut an. Ingesamt: Trotz aller Brüche vermag Tiersen einen Sog zu erzeugen - überraschend.
Das Label Beste!Unterhaltung hat sich in den letzten Monaten insbesondere durch die Veröffentlichung von Gudrid Hansdóttirs Platten einen Namen gemacht: Nun liefert dort in 9 Aufzügen die Nürnberger Band
Punch & Nerves ihre Version von Bass-Gitarre-Schlagzeug ab: Herausgekommen ist braver Indie-Pop, bei dem statt der E-Gitarre die akustische Klampfe von Sängerin Linda Rum ordentlich rockt. Eine Scheibe für die besinnlichen Momente zum Jahresende hin.
Das gilt auch für diese CD, dieses Mal mit E-Gitarre: Der Gitarrist
Reinhard Schraml hat ein formidables Trio gebildet (Matthias Bublath: Hammond B3, Peter Kronreif: Drums) und spielt sich entspannt durch eigene Jazz-Stücke. Covers von Sonny Rollins und Miles Davies "Milestones" sind auch dabei. Chillig!
Bevor es zu besinnlich wird - völlig unverständlich, dass die nächste CD so lange liegen geblieben ist: Trotz ansprechendem Cover, Titel und ansprechenden ProtaganistInnen: In personam Chris Eckman und Rupert Huber. Ihr Projekt
L/O/N/G hat heuer mit "American Primitive" ein tolles Album zwischen Singer-Songwriting, Americana und Klangcollage mit ein bisschen Soundtüftelei - das darf dank R. Huber auch sein - vorgelegt. Erstaunlich ist daran: Alles wirkt so organisch, als spielten die beiden schon ewig miteinander.
L/O/N/G: "American Primitive" (Glitterhouse, 8/10)
My Awesome Mixtape: "How Could A Village Turn Into A Town" (Rewika, 7/10)
Punch & Nerves: "In Vivid Colours" (Beste!Unterhaltung, 6/10)
Reinhard Schraml Trio: "Muerrer spannt aus" (Rola/Pate, 6/10)
Skyside: "Floating" (Floorspot, 8/10)
Yann Tiersen: "Skyline" (Mute, 8/10)
wemakemusic*: "Dance With A Statue" (monkey, 7/10)
Die 10 besten Konzerte des Jahres 2011:
1) Azure Ray (chelsea)
2) Lisa Germano (haus der musik)
3) Rucki Zucki Palmencombo (heureka)
4) Son Of The Velvet Rat (wuk)
5) Sóley (rhiz)
6) Tinariwen (wuk)
7) Arstidir (theater am spittelberg)
8) Harlequins Glance (replugged)
9) Hotel Palindrone (wuk)
10) Norb Payr (heureka)
10) Tori Amos (stadthalle)
10) CC*OO (kohi)