Man müsste endlich nachzählen, wie viele CDs das Putumayo-Label bereits veröffentlicht hat. Hunderte jedenfalls, gar Tausende? Neu ist der Sampler "American Playground", der u.a. Elizabeth Mitchell und Buck Howdy ("You Are My Sunshine") featured: Los geht es aber mit "She'll be Coming 'Round The Mountain", alle Lieder sind Sing-Alongs für die ganze Familie!
Für Hispanophile ist Mitsingen jedenfalls bei der nächsten Putumayo-Scheibe möglich: "Café Latino" zeigt Singer-Songwriter von Lateinamerika bis Spanien. Sehr relaxed geht es in diesem Café zu, man könnte vermuten, die ewige Siesta hätte Einzug gehalten. Bien hecho!
Boxer John nennt sich der Mann mit der sonoren Stimme, der nun schon seit Jahren von Wien aus agiert und mit "Realms & Reassuring Reality" ein neues Album vorlegt. Darauf überzeugt erstens seine Stimme und zweitens das Songwriting, das sich am klassischen Folk orientiert. Von Szene-Musikern unterstützt hat Boxer John die Scheibe alleine eingespielt und produziert. Dass bei "Maya", dem besten Song des Albums, die Hookline von Falcos "Jeannie" durchklingt, ist vielleicht ein Tribut an des Boxers Wahlheimat. Beim Protestsongcontest 2014 ist Boxer John mit dem besten Song des Abends "The Turning Of The Tide" letztlich auf Platz 4 gelandet. Respekt!
Ebenfalls der Tradition verpflichtet zeigt sich das Duo Kaleidoscope, das seit 1999 unter verschiedenen Namen miteinander Musik macht. Die thematische Bandbreite der Lieder reicht dabei von persönlichen introvertierten Stücken bis zu solchen, die mehr die "Welt da draußen kommentieren", wie die Band sagt. Eine CD war also längst überfällig, das Duo bedient dabei 2 Schienen: Den 60ies und 70ies-Folk á la Joan Baez (mit der Sängerin Renate Obermayer oft verglichen wird) und deutschsprachiges Liedermachterum. Live vermögen die beiden - wie kürzlich in der Wiener Arenabar - eine intime Stimmung zu erzeugen, bei den WUK Platzkonzerten 2014 werden Duo Kaleidoscope auch dabei sein.
Eleni Mandell legt inzwischen seit Jahren eine gute Platte nach der anderen vor: Auf "Let's Fly A Kite" zeigt sie sich einerseits mit verspielten Pop-Folk-Liedern, andererseits zeigt sie ihre Crooner-Seite. Mit "Maybe Yes" ist – wie auf der Vorgänger-Scheibe ("Magic Summertime") ein ausgewachsener Ohrwurm dabei, dessen Akkordeon sogar Tex-Mex-Ansätze zeigt. Mandells Stimme zählt ohnehin zum Besten, was derzeit zu bekommen ist. Am 20. April ist die Sängerin aus California im Wiener WUK zu sehen, schon jetzt ist "Let's Fly A Kite": Platte des Monats.
Artverwandt: Ebenfalls einen croonenden Einstieg wählt dieser Mann, der schon seit einiger Zeit dank seiner Veröffentlichungen auffällig geworden ist: Matt Pryor. Das fleißige deutsche Label Arctic Rodeo veröffentlicht Pryors "Wrist Slitter" als limitierte Vinyl-Edition in verschiedenen Farben. Nach dem ungewöhnlichen Einstieg folgen allerdings geradlinige, auf Gitarren basierte Indie-Rockstücke in guter Qualität.
Abschließend: Wäre nicht Mandells CD eben erst erschienen, wäre David Helbock's Random Control, rund um den Vorarlberger Jazz-Pianisten David Helbock, die Platte des Monats geworden: Die Präsentation kürzlich im Porgy & Bess hat ebenso überzeugt wie die CD. Diese zeigt den Ausnahmepianisten gemeinsam mit Johannes Bär und Andreas Borger, die beide an diversen Instrumenten bis hin zum Didgeridoo agieren. Die drei setzen sich insbesondere mit Helbocks Lieblingskomponisten auseinander, mit dem Brasilianer Hermeto Pascoal, Werke von Thelonius Monk und ein Stück von Helbock selbst, runden "Think Of Two" wunderbar ab. (jpl)
Boxer John: "Realms & Reassuring Reality" (8/10)
Duo Kaleidoscope: "1" (8/10)
Eleni Mandell: "Let's Fly A Kite" (10/10)
Matt Pryor: "Wrist Slitter" (7/10)
David Helbock's Random Control: "Think Of Two" (9/10)
Tombeck: "Knistern" (8/10)
VA: "American Playground" (7/10)
VA: "Café Latino" (8/10)