Ein Passagierschiff auf dem Weg nach New York. An Bord befindet sich der Schachweltmeister Mirko Czentovic. Der namenlose bleibende Ich-Erzähler, der gemeinsam mit seiner Frau in die neue Welt übersetzt, fordert Czentovic herausfordern, er spielt gemeinsam mit anderen Passagieren und einige Partien gehen gegen den Weltmeister verloren. Plötzlich mischt sich ein weiterer Reisender ein, Dr. B. bringt Spielwitz ein, sodass sich der Weltmeister tatsächlich herausgefordert fühlt. Bevor es zum Showdown in einer Einzelpartie zwischen Dr. B. und Czentovic kommt, erzählt B. in einem langen Monolog seine Lebensgeschichte: Als Gefangener in nationalsozialistischer Isolationshaft hat er unter Reizdeprivation gelitten, erst ein Schachbuch hat Abwechslung für den Geist gebracht und Dr. B. wird autodidaktisch zum Schachgenie. Eine Partie gewinnt der Herausforderer, im Revanchespiel nutzt Czentovic die vereinbarten 10 Minuten Spielzeit pro Zug gekonnt aus und versetzt Dr. B. psychologisch in die Zeit der Gefangenschaft, die auch durch Warten bestimmt war - am Ende gewinnt somit der Weltmeister.
Stefan Zweig schreibt wunderbare Prosa, hier stimmt jeder Satz. Er zieht den Leser, Satz um Satz, Seite um Seite, um nicht zu sagen Zug und Zug in die Geschichte hinein und lässt ihn bis zum Showdown nicht mehr los. Der Plot um die Atlantiküberquerung ruft Assoziationen zu längst vergangenen Zeiten hervor, nur mehr wenige Passagierdampfer laufen heute von Europa kommend New York an. Die Novelle ist übrigens posthum erschienen und wird jetzt vom Diogenes-Verlag als Taschenbuch neu aufgelegt: Zweig hat sich 1942 im brasilianischen Exil 1942 wegen des Verlustes seiner 'geistigen Heimat Europa' das Leben genommen. (jpl)
Stefan Zweig: "Schachnovelle", 112 Seiten (Diogenes: Zürich: 2013)
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