Indie-Pop der 1980er und 1990er ist die Schule, auf die sich die Wiener Band
Freud bezieht: "Yesterday Today Tomorrow" deutet die Zeitlosigkeit von eingängigen Melodien, freundlichen Synthie-Klängen und kraftvollen E-Gitarren an. Auf die Kombination all dessen verstehen sich die fünf MusikerInnen bestens, Chorgesang unterstreicht den Pop-Appeal einer Band, die von sich selbst sagt, dass sie
"Pop'n'Roll macht". Stimmt, die CD-Präsentation steigt am 23.4. im WUK.
Eine härtere Gangart wählen
Sergeant Pluck Himself: Obwohl das Album "yesterday will not come again" heisst, ist es doch eindeutig retro, die 1980er Jahre, Rock mit etwas härteren Ansätzen und zweistimmige Gitarrensoli lassen grüßen. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Ich habe zweistimmige Gitarrensoli immer gemocht! Bass, Gitarre und Schlagzeug wurden freilich schon auf interessante Weise miteinander kombiniert, wer gerade Flaute im CD-Player hat, könnte auch zu Sergeant Pluck Himself greifen.
Durchaus ähnlich aber etwas raffinierter sind
Propella mit ihrem Debüt "Turn It Out", das am 2. April im Wiener fluc präsentiert wird: Die drei Damen rund um Sängerin Babl Raketa machen mit den Werkzeugen Bass, Schlagzeug und Gitarre gut ausgecheckte Indie-Popmusik. Live macht das ordentlich Druck und auch am Tonträger kommt diese Kraft durch.
Noch einmal Musik aus Österreich: Die wunderbaren
Playbackdolls nehmen mit "Delightful Songs" einen zweiten Anlauf und versammeln 9 Lieder, die ihre Wirkung nach mehrmaligem Anhören entfalten: "Ohne das Meer" oder "Zu teuer" erweisen sich als Ohrwürmer, die Playbackdolls liefern eingängige, tanzbare Indie-Pop-Melodien. Nach der guten Debüt-CD "Out Of The Blue" (2011) legt die Band um Tini Trampler und Stephan Sperlich, erweitert um den Akkordeonisten Tino Klissenbauer, nach. Die Mischung aus deutschen und englischen Texten ist sympathisch, überhaupt sind die Texte immer ein wenig ums Eck gedacht und das ist gut so. Eine schöne Erkenntnis aus dem Eröffnungsstück lautet etwa:
"Ich komm grad drauf ohne das Meer geht gar nichts." Wenn das stimmt, dann sofort ab in die Sommerfrische!
Der Sampler
„American Songbirds - Women Singer-Songwriters from the New World“, vom wunderbaren Jaro-Label, versammelt vier nordamerikanische Musikerinnen: Kyrie Kristmanson, Rachelle Garniez, Stephanie Nilles und das Duo Ashia & the Bison Rouge. Gemeinsam sind die vier am 15. März im Rahmen des Akkordeonfestivals in der ausverkauften Sargfabrik aufgetreten und haben gezeigt, dass man sich rein songwriter-technisch um die Zukunft keine Sorgen machen muss. Wer diesen wunderbaren Konzertabend verpasst hat, hört am besten auf dieser CD nach - es gibt darauf viel gute Musik zu entdecken! Die auf dem Sampler vertretenen
Ashia & the Bison Rouge haben eine eigene 5-Song-EP präsentiert: Die Cellistin Ashia hat polnische Wurzeln und singt zuweilen in der Sprache ihrer Vorfahren bzw. bezieht sich musikalisch auf Osteuropa. Die kammermusikalische Form wirkt zwar zuweilen etwas streng, entfaltet aber dennoch ausreichend Charme und eine zauberhafte Wirkung.
Ebenfalls einen kammermusikalischen Ansatz wählen
Alma, auf "Nativa" kommt die Band um Julia Lacherstorfer aber zu einem völlig anderen Ergebnis: Denn bei Lacherstorfer steht der Bezug zur Volksmusik im Vordergrund. So entwickelt sie gemeinsam mit Marie-Theres Stickler (Akk.), Matteo Haitzmann (Violine), Evelyn Mair (Violine) und Marlene Lacherstorfer (b) eine gemeinsame musikalische Sprache, mit der Volksmusik in die Gegenwart übersetzt wird. Und zwischendurch streut die Band eine sphärische Coverversion von Bart Howards "Fly Me To The Moon" ein!
Ab 24. April läuft in Wien das Wienerlied-Festival
wean hean - und das bereits zum 15. Mal! Also: Hingehen! Am 30. April wird es im Rahmen von wean hean den Abend "Perpetua Julia" im Theater Akzent geben, der von 3 Formationen bestritten wird, in denen Julia Lacherstorfer federführend mitwirkt: Alma, Ramsch & Rosen und Neuschnee. Denn während sich weltweit junge Menschen zwischen 10 und 30 Löcher in ihre Jeans reißen und sich Punk und Rap zuwenden, holen
Ramsch & Rosen auch auf ihrer CD "Bellver" zur Gegenbewegung aus: Sie beschäftigen sich mit österreichischer Volksmusik und holen diese in die Gegenwart. Ramsch & Rosen spielen Traditionals auf wunderbar reduziert Weise und ganz ruhig. Ergänzt durch Eigenkompositionen ergibt sich so ein rundum gelungenes Gesamthörbild.
Zum Festival
wean hean erscheint alljährlich ein Sampler: "wean hean - Das Wienerliedfestival Vol. 13" versammelt u.a. Beiträge von Tommy Hojsa, Kollegium Kalksburg, Trio Lepschi und Arik Brauer und ist zur Annäherung an das heurige Festival zu empfehlen.
Viel Zeit nehmen sich
Spain auf ihrem neuen Album "Sargent Place": Hier läuft Alternative Pop-Rock in Zeitlupe ab, ein Alt. Country-Ansatz ist auch zu vernehmen. Die Band um Josh Haiden hat auch dessen Vater, den berühmten Jazz-Bassisten Charlie Haiden zum mitjammen eingeladen. Die Riffs sind stimmig gesetzt, das Ergebnis ist insgesamt schlicht ein Genuss und lässt diese Scheibe bis zum nächsten Monat im CD-Player verweilen, zwischendurch kann man ja auch den Plattenspieler mal aktivieren. Mit anderen Worten: Album des Monats!
Ex aequo: Mit einem Americana-Ungetüm startet die dänische Band
The Desoto Caucus ihr self-titled-Album: Nach "Nail In The Wall" wird ordentlich nachgelegt. Meist ruhig, versponnen und etwas düster, bei "Just The Other Day" auch mal fröhlich-rockig. Die Grundstimmung lautet aber: Americana. Weitläufige Sandlandschaften gibt es schließlich überall, sei es in der Wüste gleich hinter Tucson, Arizona oder am Strand bei Aarhus, Denmark. The Desoto Caucus spielen E-Gitarren, wie man sie bei Giant Sand, Calexico oder Ned Colette zu hören bekommt. Folgerichtig dankt die Band im Booklet Altmeister Howe Gelb, der vor kurzem in Wien war (leider verpasst...). Via Glitterhouse kommt die Platte aus Dänemark zu uns und so gibt es dieses Mal eine zweite CD des Monats!
Einen durchaus ähnlichen Ansatz wählen
Nick and the Roundabouts: Auf "Woe to live on" ist der Weg, im Vergleich zu Spain, eher geradlinig angelegt. Mastermind Nick Arden hat aber eine wunderbare Stimme und macht gute Folk-Arbeit, charmant sind die Songs allemal, die Scheibe ist somit zum Gegenhören durchaus geeignet.
Weitere Hinweise: Am 4. April erscheint mit "Die Glut" das full-length-Debüt von
(goubran), die CD wird in den nächsten Monaten um Teil in Kombination mit Lesungen präsentiert, so zum Beispiel im Juli in der Alten Schmiede.
Am 10. April tritt Estrella Morente im Wiener Konzerthaus (21h) mit ihrer aktuellen Variante des Flamenco auf und Eleni Mandell kommt am 20. April ins WUK, mit neuer CD im Gepäck
Noch in vollem Gang ist das Vienna Blues Spring Festival, in dessen Rahmen am 28. März
Elliott Murphy aufgetreten ist: Mit kongenialer Begleitband und wunderbaren Songs aus den letzten 30 Alben und 40 Jahren hat Murphy im ausverkauften Reigen zu begeistern gewusst. Hier spielte einer, dem der ganz große weltweite Durchbruch a la Bob Dylan nie gelungen war, der aber trotzdem immer weiter gemacht hat und für den sich - wie er in einer launigen Lou Reed-Anekdote erzählte -, die Dinge gut entwickelt haben. So kann man an dieser Stelle durchaus noch einmal das großartige
letzte Album Murphys empfehlen, das hier die volle Punktezahl abgeräumt hat.
Und schon für Mai zum Vormerken: Am 20.5. kommen
Woven Hand mit neuer CD im Gepäck ins WUK. (jpl)
Alma: "Nativa" (8/10)
Ashia & Bison Rouge: "st" (7/10)
Freud: "Yesterday Today Tomorrow" (7/10)
Nick and the Roundabouts: "Woe to live on" (6/10)
Playbackdolls: "Delightful Songs" (8/10)
Propella: "Turn It Out" (8/10)
Ramsch & Rosen: "Bellver" (7/10)
Sergeant Pluck Himself: "yesterday will not come again" (5/10)
Spain: "Sargent Place" (10/10)
The Desoto Caucus: "s/t" (10/10)
VA: „American Songbirds - Women Singer-Songwriters from the New World“ (9/10)
VA: "wean hean - Das Wienerliedfestival Vol. 13" (7/10)
Live-Tipps:
The Wichita: 4.4. (Heureka, 20h): Band
Sarah Lee Guthrie: Do 17.4. (local, 20h)
Eleni Mandell: So 20.4. (WUK, 20h)
wean hean: Do 24. April bis 17. Mai, Programm
Gordie Tentrees & Hill Country: Di 22.4. (local, 20h)