The Shady Lanes sind brave Indie-Leute vom pumpkin-Label: Ruhig geht deren Album mit der Ballade "Toulouse" los, bevor es dann zum ersten Mal ("Berlin") richtig rumpelt. Zwischen diesen Polen bewegt sich das Album fortan und da ist nichts dagegen zu sagen, weil diese 39 Minuten-Variante der ewig jungen Kombination Bass-Gitarre-Schlagzeug Spaß machen, Anspieltipp: "Start The Van". Außerdem trägt das Album den Weltklassetitel: "Tango Sierra Lima" - dafür gibt es einen halben Punkt extra!
Der Jazzgitarrist Daniel Pabst legt mit seinem neuen schlicht Pabst genannten Projekt das Album "Songs For A Hopeless Minder" vor, erstmals singt er darauf - Pabst kommt eigentlich vom Jazz und von der Improvisation. Die zur Gänze selbst eingespielten Stücke halten mühelos die angestrebte Balance zwischen freien Songstrukturen und Singer-Songwriting. Schon arbeitet Pabst an der nächsten CD, die möchte er nicht mehr im Alleingang aufnehmen. Tipp: Unbedingt ein Konzert von Pabst besuchen, live wirken diese "Songs For A Hopeless Minder" noch intensiver - wenn das überhaupt möglich ist. Die nächste Gelegenheit dazu bietet sich am 18.1.12 im Shelter zu Wien.
Ambitioniert ist "I Was There", das neue Album von Erger Unlimited: Der Mann hat seinen Bob Dylan, Bob Seeger und Bob äh Bruce Springsteen gehört und auch Blues ist ihm nicht fremd. Die Songs sind hauptsächlich akustisch aufgenommen und nehmen meist einen angenehmen, gemächlichen Rhythmus auf - Südstaaten, quasi, Mundharmonika inklusive. Und ja, auch das ist Musik aus Österreich und deshalb ist mit Südstaaten natürlich nicht Kärnten gemeint.
Jetzt noch zwei Mal Skandinavien: Simon Fisher Turner & Espen J Jörgensen liefern mit "Soundscapes", den passenden Soundtrack zur Vorweihnachtszeit, die wie diese Scheibe sein darf: Mal hektisch, mal nervös, mal besinnlich, mal extrem ruhig, dann mit der Sprache experimentierend - und auch mal anstrengend. Das besondere an dieser Kollaboration: Simon Fisher Turner & Espen J Jörgensen haben einander nie getroffen, der Norweger Jörgensen hat Turner einfach mit Geräuschen versorgt und der hat damit gemacht, was er damit machen wollte - siehe oben.
Skandinavien Teil 2: Vor kurzem hat im Wiener rhiz die isländische Sänger Sóley Stefansdóttir gespielt, ihr aktuelles Album "We Sink" empfiehlt sich wie von selbst als Weihnachtsgeschenk, schließlich ist Island das Land der Elfen und Kobolde. Oft genügen Sóley einige wenige, dem Klavier entlockte Töne, um eine Magie zu erzeugen, der man sich kaum entziehen zu vermag. Ihre Lieder erzählen märchenartige Geschichten und eignen sich wahrscheinlich auch für kleine Kinder hervorragend. Ja, klar, Björk darf man nun auch erwähnen - muss man aber nicht: Sóley schafft ihr eigenes musikalisches Universum und das ist einfach schön. Und wenn die Welt bald untergeht - wen kümmert's. Wer diese Musik noch gehört hat, kann beruhigt den Löffel abgeben, ohne das Gefühl zu haben, etwas Entscheidendes versäumt zu haben.
Es scheint, als hätten sich die Bands zum Jahresausklang noch mal richtig ins Zeug gelegt: Big Deal etwa mit ihrem Debüt-Album "Lights Out" (Mute/GoodToGo). Big Deal ist eine transatlantische Zusammenarbeit: Alice Costelloe (London) und Kacey Underwood (Kalifornien), zwei Gitarren und zwei Stimmen genügen hier über weite Strecken, um einen Spannungsbogen zu erzeugen. Trotz E-Gitarre ist "Lights Out" ein filigranes Album geworden, das durch die reduzierten Songs besticht. Wie immer wenn wenige Instrumente im Einsatz sind, muss jede Note sitzen. So etwas gab es seit Billy Bragg nicht mehr - und das ist jetzt auch schon 20 Jahre her - Mist, wie die Zeit vergeht!(jpl)
Big Deal: "Lights Out" (Mute/GoodToGo, 9/10)
Erger Unlimited: "I Was There" (Extraplatte, 6/10)
Simon Fisher Turner & Espen J Jörgensen: "Soundscapes" (Mute, 5/10)
Isabel Santol with Julian Joseph: "London Affairs" (ATS, 7/10)
The Shady Lanes: "Tango Sierra Lima" (pumpkin, 7,5/10)
Pabst: "Songs For A Hopeless Minder" (212 Records, 9/10)
Sóley: "We Sink" (Morr, 10/10)